Der kategorische Imperativ der Compliance
Alles, was Sie heute tun und sagen, kann morgen in der Zeitung stehen. Das gehört zu den Grundregeln der Compliance. Tun Sie nichts, was problematisch wäre, wenn es morgen in den Medien wäre.
Dass das keine leere Formel ist, mussten schon viele große Firmen und Behörden erfahren. Edward Snowden enthüllte die Überwachungspraxis der US-Regierung. VW manipulierte Abgasmessungen. Der britische und der isländische Regierungschef investierten in Briefkastenfirmen in Panama. Wir leben im Zeitalter der Leaks und Whistleblower. Alles, was in einer Firma stinkt, kann ans Tageslicht kommen. Dagegen hilft auch noch so viel IT-Sicherheit nicht. Denn krumme Geschäfte generieren unzufriedene Mitarbeiter. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass früher oder später einer plaudert.
Und sie steigt weiter. Aus der Sicht eines potenziellen Whistleblowers sind Snowden und die Panama Papers ermutigende Vorbilder. Wikileaks und andere Portale ermuntern Whistleblower zusätzlich. Das einzige, was wirklich dagegen hilft: Keine krummen Dinger drehen. Wer am Thema Compliance arbeitet, weiß, dass das gar nicht so einfach ist. Beispiel VW: Die Ingenieure hatten Druck, die Vorgaben waren nicht zu erfüllen. Also suchten sie eine Notlösung. Wer genau wann was getan hat, an welcher Stelle die Entwicklung aus dem Ruder lief, ist schwer zu ermitteln.
Alles, was Sie heute tun und sagen, kann morgen in der Zeitung stehen. Eine ältere Variante dieser Faustregel fasst den Grundgedanken noch strenger: Stellen Sie sich vor, das was Sie heute tun, wird morgen Gesetz. Stellen Sie sich vor, die internen Vorschriften Ihrer Firma werden morgen vom Bundestag als Gesetz für alle beschlossen. Der Gedanke geht auf Immanuel Kant zurück. Bei ihm heißt er „Kategorischer Imperativ“. In Kants verschrobener Ausdrucksweise ist er schwer zu verstehen, die Philosophen streiten sich bis heute um die Details seiner Auslegung. Für mich bedeutet Kants kategorischer Imperativ im Rahmen der Compliance: Formulieren Sie die internen Regeln Ihrer Firma so, dass sie auch als Gesetz für die Bundesrepublik geeignet wären.
Oder, ganz salopp, bezogen auf konkrete Handlungen: Was wäre, wenn das alle täten? Oder, etwas weniger streng, in der PR-Variante: Tun Sie nichts, was problematisch wäre, wenn es morgen in den Medien wäre. Was sind Ihre Grundsätze in der Compliance? Wie setzen Sie sie um? Unsere Experten beraten Sie gerne zu diesem Thema.