Die wichtigsten Compliance-Herausforderungen der NIS 2-Richtlinie
Die Richtlinie über Netz- und Informationssicherheit (NIS 2) zielt darauf ab, das Management von Cyberrisiken in der gesamten Europäischen Union zu stärken. Das Gesetz, das am 18. Oktober 2024 in Kraft tritt, baut auf der ersten Version von 2016 auf und beseitigt einige ihrer Unklarheiten. Trotz der zusätzlichen Klarheit kann die Einhaltung der NIS 2 immer noch überwältigend wirken – wie ein weiterer Compliance-Albtraum neben Vorschriften wie der DSGVO und PCI DSS. Dieser Artikel erläutert vier zentrale Herausforderungen der NIS 2-Compliance und bietet Tipps, um Ihrem Unternehmen zu helfen, diese erfolgreich zu bewältigen.
Wichtige Compliance-Herausforderungen der NIS 2-Richtlinie
Erweiterter Anwendungsbereich
Die erste große Veränderung ist ein dramatisch erweiterter Anwendungsbereich der NIS 2-Richtlinie im Vergleich zur ersten Version der Richtlinie. Dieser erweiterte Anwendungsbereich stellt eine Herausforderung dar, da herausgefunden werden muss, ob Ihre Organisation darunter fällt. Neu hinzugefügte Sektoren umfassen den Weltraum, die Abwasserwirtschaft und die öffentliche Verwaltung als hochkritische Sektoren. Zu den weiteren kritischen Sektoren gehören digitale Anbieter, Lebensmittelunternehmen, Abfallwirtschaftsunternehmen, Hersteller, Post- und Kurierdienste, Chemieunternehmen und Forschungseinrichtungen.
Es gibt eine klare Begründung für die Erweiterung der Vielfalt der Organisationen, die die Richtlinie einhalten müssen. Im Jahr 2016 gab es Bedrohungen wie Ransomware bereits, aber sie waren bei weitem nicht so häufig. Angriffsflächen haben sich durch digitale Transformation und Remote-Arbeitsregelungen ebenfalls erweitert. Unterschiedliche Dienste und Sektoren sind nun stärker miteinander verbunden und potenziell angreifbar als je zuvor.
Für NIS 2 ist ein kritischer Ausgangspunkt die Größe Ihrer Organisation. Wenn Sie weniger als 50 Mitarbeiter und weniger als 10 Millionen Euro Jahresumsatz haben, sind Sie eine Mikro- oder kleine Organisation. Für diese Kategorie sind nur außergewöhnliche Umstände compliance-pflichtig – zum Beispiel, wenn Ihr Unternehmen der einzige Anbieter eines Dienstes ist, der für die Aufrechterhaltung kritischer gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Aktivitäten unerlässlich ist.
Unternehmen mit 50 bis 250 Mitarbeitern und 10 bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz gelten laut EU als mittelgroß. Große Unternehmen haben mehr als 250 Mitarbeiter und mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz. Sie können dann diese hilfreiche Tabelle verwenden, um herauszufinden, ob die EU Ihr Unternehmen als wichtige oder kritische Einrichtung betrachtet.
Stärkere Sicherheitsmaßnahmen
Laut dem offiziellen EU-Dokument müssen wesentliche und wichtige Einrichtungen einen „All-Gefahren-Ansatz“ verfolgen, der darauf abzielt, Netz- und Informationssysteme sowie die physische Umgebung dieser Systeme zu schützen. In der Praxis bedeutet dies die Einführung von Sicherheitsmaßnahmen, die Folgendes umfassen:
- Angemessene Handhabung und Offenlegung von Schwachstellen
- Grundlegende Cyberhygiene-Praktiken und Schulungen zur Cybersicherheit
- Vorfallsreaktion und -wiederherstellung
- Regelmäßige Tests und Audits
- Richtlinien zur Verwendung von Verschlüsselung zum Schutz von Daten
- Multi-Faktor- oder kontinuierliche Authentifizierungslösungen
Diese Risikomanagementmaßnahmen sind in NIS 2 detaillierter und vorschreibender als in der ersten Version. Es ist wichtig zu beachten, dass Ihre Organisation laut dem Wortlaut der Richtlinie mindestens diese Maßnahmen als Mindestanforderung umsetzen muss, um Cyberrisiken aus Sicht der EU angemessen zu reduzieren (falls Sie unter den Compliance-Anwendungsbereich fallen).
Meldepflichten bei Vorfällen
Artikel 23 des Dokuments ist umfangreich, aber er enthält auch eine der größten Herausforderungen der NIS 2-Compliance – die Einhaltung strenger und spezifischer Meldepflichten bei Vorfällen. Die eher wortreichen Definitionen besagen, dass Sie nur „bedeutende Vorfälle“ melden müssen, also im Wesentlichen solche, die schwere finanzielle Verluste, Betriebsstörungen oder materielle/nicht materielle Schäden für andere juristische oder natürliche Personen verursachen könnten oder verursacht haben.
Leider wird die durch diese überarbeitete Version der NIS eingeführte Klarheit in diesem Abschnitt etwas getrübt, da nicht transparent ist, was schwere finanzielle Verluste oder Betriebsstörungen genau ausmacht. Im Allgemeinen ist der beste Rat, auf Nummer sicher zu gehen und Vorfälle zu melden, die auch nur potenziell unter diese vage Definition fallen könnten.
Vor diesem Hintergrund sind die Anweisungen für die Meldung wie folgt:
- Geben Sie eine erste Frühwarnung an das CSIRT in einem Mitgliedstaat oder an die zuständige Behörde ohne unangemessene Verzögerung und spätestens innerhalb von 24 Stunden nach Kenntnisnahme
- Geben Sie eine detailliertere Meldung eines bedeutenden Vorfalls spätestens innerhalb von 72 Stunden nach Kenntnisnahme des Vorfalls ab.
- Reichen Sie einen Abschlussbericht spätestens einen Monat nach der Meldung des bedeutenden Vorfalls ein.
Diese Verpflichtungen erfordern einen gut eingeübten Reaktionsplan für Vorfälle mit klaren Kommunikationswegen. Die Erstellung von Vorlagen und Checklisten kann helfen, Konsistenz und Vollständigkeit bei der Erstellung relevanter Berichte sicherzustellen. Es ist auch ratsam, alle Mitarbeiter, die mit der Vorfallsreaktion betraut sind, in Ihrem Meldeverfahren zu schulen.
Erhöhte Verantwortung des Managements
Eine weitere bemerkenswerte Herausforderung der NIS 2-Compliance ist die Auseinandersetzung mit der erhöhten Verantwortung auf Managementebene. Tatsächlich geht die Richtlinie über die bloße Feststellung hinaus, dass Personen in Führungspositionen letztlich für Cyberrisiken verantwortlich sind, und führt persönliche Verantwortung für Compliance-Verstöße ein.
Zu den Strafen gehören Verwaltungsstrafen und temporäre Managementverbote. Zu den Aufgaben, die Managementgremien durchführen müssen, um diese strafenden Maßnahmen zu vermeiden, gehören unter anderem Schulungen zur ordnungsgemäßen Risikobewertung und zur Beurteilung von Cybersicherheitsrisiken sowie die Überwachung der Umsetzung von Risikomanagementmaßnahmen.
Durch die Verantwortung des Top-Managements versucht die NIS 2 sicherzustellen, dass Cybersicherheit nicht als rein operatives Anliegen abgetan wird. Stattdessen soll diese Verantwortung sicherstellen, dass Cybersicherheit in den strategischen Entscheidungsprozess von Organisationen integriert wird. Diese Änderung wird vielleicht den Druck auf das obere Management erhöhen, aber wenn dadurch eine Sicherheitskultur in Unternehmen gefördert wird, wird dies zu einer positiven Veränderung in der gesamten EU führen.
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